REPORTAGEN

"MYTHOS FLIEGER-JACKE"





"Bei vorn liegendem Motor, der nicht immer ganz öldicht ist, sowie auch bei Regen, hat sich die sogenannte Kombination, bei der Beinkleid und Joppe aus einem Stück bestehen, immer am besten bewährt.

Herren, die viel fliegen, würde ich raten, im Sommer unter der Kombination einen Sweater oder eine Wollweste zu tragen, die hochgeschlossen werden können um auch den Hals zu schützen. Im Winter habe ich mich in Lederbekleidung, innen mit einem weichen Pelz gefüttert, am wohlsten gefühlt".

So schrieb Helmuth Hirth 1915 in "Meine Flugerlebnisse"

"Der D.H.2  war etwas mehr als siebeneinhalb Meter lang, wog vor dem Auftanken knapp 430 Kg, war mit einem Lewis-Maschinengewehr ausgerüstet,  und darin saß der Pilot und musste gegenwärtig sein, dass seine Flugmaschine in weniger als fünf Minuten durch ein einziges Streichholz in Brand gesteckt werden konnte.
Weil seine Konstrukteure nicht fähig waren, sich vorzustellen, wie man mit einem Maschinengewehr durch einen rotierenden Propeller schießen konnte, ohne dessen Blätter dabei mit abzuschießen, beschlossen sie, den Motor am Ende des Rumpfes einzubauen, was zur Folge hatte, dass der D.H.2 nicht vom Propeller gezogen, sondern geschoben wurde, und den Piloten setzten sie ganz nach vorn in ein offenes Cockpit.



In einem solchen Flugzeug saß nun also Hawker hinter seinem Maschinengewehr, einegepackt in wollene Unterwäsche, Uniform,  Schaftstiefeln und pelzbesetztem Fliegermantel.

Und da war auch noch die Kälte. Die dünne Creme-Schicht auf Hawkers Gesichtschützte nur wenig vor dem Luftzug, der die Haut traf.

Und wenn die hinten angebrachten Motoren gewiss einen besonders guten Ausblick erlaubten, so musste der Pilot doch auf die warme Luft verzichten, die von den vorn angebrachten Motoren sonst an ihm vorbeizuwehen pflegte.

Allerdings: Der hinten angebrachte Motor mochte zwar den Blick nach dorthin beschränken, er schützte aber auch gegen Kugeln, die von hinten auf das Flugzeug abgefeuert wurden".

Aus "Richthofen-Der Rote Baron"
v. W.E. Burrows


Wenn heute im Morgengrauen Einsatzpiloten an den Staffel-Bars ihren schwarzen Kaffee oder Tee trinken, denken sie manchmal mit Wehmut an die Anfänge der Jagdfliegerei.

Dabei werden Legenden wieder lebendig:

So soll der Rittmeister Freiherr von Richthofen vor dem Kasino-Frühstück, ein Glas Champagner nippend, die Flieger-Jacke über den Schultern, seine Dogge Moritz neben sich, ungeduldig auf seine Flugmaschine gewartet haben, um am Himmel über der Somme Beute zu machen.


  
(links) „Als die Jagdstaffeln (Jastas) des ersten Weltkrieges in Jagdgeschwader umstrukturiert wurden, war die Flieger-Jacke in vielfältigen Varianten dabei“.

(rechts) In halblanger Mantelform, für den Winter pelzgefüttert und mit übergroßem Kragen.

Als die Jagdstaffeln (Jastas) des ersten Weltkrieges 1914-1918 in Jagdgeschwader umstrukturiert wurden, war die Flieger-Jacke in vielfältigen Varianten dabei. In halblanger Mantelform, für den Winter pelzgefüttert und mit übergroßem Kragen, oder in Hüftlänge, die Flieger-Jacke mutierte zum beliebtesten Kleidungsstück für Jagdflieger.

Nachdem in dieser Zeitepoche die Flieger-Jacken nicht offizieller Bestandteil der Uniform war, hatten die Piloten fast unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten, allerdings stand die Funktion als Wetterschutz immer im Vordergrund. Somit besaß die damalige Flieger-Jacke aus Leder keine Rangabzeichen, was manchmal zu Mißverständnissen führte.


„Die amerikanische B-3, die Kult-Jacke. Zur Schafsfell Jacke gab es die passende Hose“.

Der Baron wurde nach einer glimpflich verlaufenden Notlandung mit zerschossenem Tank,  von einem Pionieroffizier, in dessen Wagen, nach Henin- Lietard in das dortige Hauptquartier mitgenommen.
"Dann kommen wir in seinen Quartier an. Ich habe noch immer meine schmutzige Öllederjacke an und einen dicken Schal um. So hält mich der Herr für den Beobachter eines zweisitzigen Flugzeuges und fragt nach meinen Flugzeugführer..." amüsierte sich Richthofen.






Waren schon, die Flieger-Jacken der ersten Jagdgeschwader durch ihre Besitzer geadelt, begann die wahre Kult-Prozession des wärmenden Fliegerleders im und nach dem zweiten Weltkrieg.


Nachdem Heizungsinstallationen in Jagd- und Bomberflugzeugen so gut wie nicht existierten, mussten die fliegenden Besatzungen mit entsprechender Schutzkleidung versehen werden. Immerhin bewegten sich Bomber und Aufklärer in der Höhe von ca. 10.000.-- m, um der feindlichen Flak zu entgehen.

Zur Schafsfell-Jacke gab es die passenden Hose, und beheizbare Stiefel sorgten für warme Füße in eisigen Höhen. Alternativ dazu wurden durchgängige Kombinationen in  Leder gefertigt.



"Als die Jagdstaffeln (Jastas) des ersten Weltkrieges in Jagdgeschwader umstrukturiert wurden, war die Flieger-Jacke in vielfältigen Varianten dabei“.

Im amerikanischen Fliegerfilm "Memphis Belle" trägt die Crew die B-3, eine Schaffelljacke mit übergroßem Kragen. Diese Jacke, später auch als Bomberjacke bekannt, sorgte für ein angenehmes Klima am Körper. Dies war auch dringend erforderlich, denn auch die "Fliegenden Festungen" waren, ohne Innenheizungen, in frostigen Luftschichten unterwegs.

Gewachsenes Schaffell wärmt als Innenteil, außen verleiht rauhes, natürliches Leder der Jacke das Aussehen einer Trutzburg. Mit zwei Riemen unter dem Kragen lässt sich dieser zum Schutz von Kopf und Kragen vor eisigen Winden nach oben binden. Verstellriemen zur Anpassung der Jacke an den Körperumfang, befinden sich in Hüfthöhe.



„Die amerikanische B-3, die Kult-Jacke. Zur Schafsfell Jacke gab es die passende Hose“.

Wenn je eine Flieger-Jacke Kultstatus erlangt hat, ist es die B-3 mit offizieller Bezeichnung:  Type B-3 / Air Force / U.S. Army / A.C. Order No.42126891. OWG No. 33H5595

Ebenbürtig der B-3 in Sachen Kultstatus war die A-2.

Als die Cockpits wärmer wurden, konnte auf das Schafsfell verzichtet werden.

Auch die Jagdflieger saßen zwischenzeitlich in geschlossenen Maschinen und hatte in ihren "Mustangs", "Spitfires" oder "Messerschmitt Me 109" ein, vom Triebwerk erwärmtes Umfeld.



Barnstormers, oft arbeitslose Kriegspiloten wie Robert Redfort im Film The great  Waldo Pepper, trugen die A-2 im Doppeldecker. 

Die A-2, die Jacke für die amerikanischen Jagdflieger in den `40 Jahren bestand aus bestem Vollrindleder vom amerikanischen Weiderind. Farbe dunkelbraun, gefüttert mit Baumwolle, Strickbünden und Druckknöpfen unter den Kragenspitzen,
wurde diese Jacke sehr oft als  "verloren" gemeldet. Ganz nebenbei war sie die Lieblingsjacke aller Hollywood-Fliegerfilm-Helden.

Die Jacken wurden aber nicht nur zum Kultobjekt. Durch entsprechende Gestaltung von künslerischer Hand wurden, gleiche den Bemalungen im vorderen Bereichen der Flugzeuge, der "Nose-Art", die Rückseite der Jacke zum Kunstobjekt. Sehr beliebt waren auch Geschwaderdarstellungen oder Walt Disney Figuren.

Nach dem zweiten Weltkrieg verdingten sich zahlreiche, ehemalige Piloten als "Barnstormers" als Zirkus- und Schauflieger. Manche zogen mit Doppeldeckern von Wiese zu Wiese des mittleren Westens Amerikas, um mit Rundflügen und zahlenden Passagieren ihr Geld zu verdienen. Es waren harte Zeiten für arbeitslose Kriegspiloten und für sie war die zusammengerollte Flieger-Jacke das weiche Kopfkissen, in der Hoffnung auf bessere Zeiten, beim Schlaf unter der Fläche ihres Flugzeuges.


Text und Bild: RC Medienproduktion

Fortsetzung folgt...



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